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Unser Farm-Team: Adèle

Heute stellen wir euch Adèle vor – sie leitet die Tiny Farms Academy in der Schweiz. Adèles beruflichen Anfänge in der Gastronomie weckten ihr Interesse an der Herkunft von Lebensmitteln. Ein mehrjähriger Weg führte sie durch Handel, Käseproduktion, politisches Engagement und Hofarbeit, wo sie vielfältige Erfahrungen sammelte. Seit einem Jahr vertieft sie ihr Wissen mit einem Masterstudium in Agrarökologie und Ernährungssystemen, mit Fokus auf Erwachsenenbildung.



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1. Adèle, wie kam es dazu, dass du Teil der Tiny Farms Bewegung wurdest – und was hat dich motiviert, die Academy hier in der Region Zürich ins Leben zu rufen?


Wenn wir möchten, dass unsere Ernährung nicht länger auf Kosten anderer Länder geht – Länder, aus denen wir heute rund die Hälfte unseres Gemüses importieren –, dann brauchen wir wieder mehr Menschen, die hier vor Ort Gemüse anbauen sowie ein besseres gesellschaftliches Verständnis für die Bedingungen der Produktion. Ich sehe im Mikrofarming-Ansatz ein grosses Potenzial, genau an diesen Herausforderungen anzusetzen: Durch viele kleine Mikrofarmen lässt sich die regionale Gemüseproduktion und Wertschöpfungskette stärken, der Gärtnerberuf demokratisieren und wieder attraktiver machen. Gleichzeitig eignet sich Mikrofarming ideal, um Menschen ohne landwirtschaftliche Vorkenntnisse den Zugang zur Landwirtschaft zu verschaffen, Verbindungen mit Konsument:innen aufzubauen und damit ein neues, greifbares Verständnis unserer Lebensmittelproduktion zu eröffnen.

Als ich in Berlin lebte, lernte ich das Tiny Farms Projekt kennen und damit auch ein kleines Stück die Welt des Gemüsebaus. Zum ersten Mal stand ich selbst zwischen den Market-Garden-Beeten und erlebte, wie schön, aber auch hart diese Arbeit sein kann, und wie Landwirtschaft im menschlichen Massstab aussehen könnte. Diese Erfahrung hat mich beeindruckt. Ich wollte den Menschen auch genau das zeigen: wie nah, sinnvoll und freudvoll Gemüseanbau sein kann – und wie er sich als Teil des eigenen Lebens integrieren lässt.


2. Dein Hintergrund liegt in der Agrarökologie und im politischen Engagement für eine nachhaltige Ernährungswende. Wie prägen diese Erfahrungen deine Arbeit in der Tiny Farms Academy? Und welche Bedeutung hat für dich persönlich die Verbindung von Bildung, Landwirtschaft und gesellschaftlicher Transformation?


Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit den systemischen Herausforderungen unseres Ernährungssystems. Mit der Tiny Farms Academy habe ich die Möglichkeit, dieses Wissen weiterzugeben und Menschen für Alternativen zu begeistern. Ein grosser Hebel, um selbst aktiv zu werden und an einer neuen, nachhaltigeren Gesellschaft mitzuwirken, liegt manchmal am fehlenden Wissen über Probleme und ihre Alternativen, aber vor allem an der Angst vor Veränderungen oder Fehler zu machen. Im Garten ist das anders: Dort passieren ständig kleine Fehler und Veränderungen, die man nur teilweise beeinflussen kann. Man lernt, mit den natürlichen Bedingungen zu arbeiten, anstatt gegen sie, und genau dadurch entsteht Flexibilität, Resilienz und Vertrauen in den eigenen Weg. Ernährung und Gemüseanbau können so zu einem Katalysator für ein achtsameres, langsameres Leben werden. Sie bringen Freude und sind ein zentraler Teil unseres Lebens. Wenn man diesen Schritt einmal gemacht hat, fällt es plötzlich leichter, auch in anderen Lebensbereichen, etwa beim Wohnen oder in der Mobilität, Veränderungen zuzulassen.


"Man lernt, mit den natürlichen Bedingungen zu arbeiten, anstatt gegen sie, und genau dadurch entsteht Flexibilität, Resilienz und Vertrauen in den eigenen Weg. Ernährung und Gemüseanbau können so zu einem Katalysator für ein achtsameres, langsameres Leben werden."

3. Weshalb ist das Modul Inner Work ein wichtiger Teil des Programms?


Im Sommer lernen die Teilnehmenden der Tiny Farms Academy gärtnerische Fähigkeiten – und im Winter geht es nach innen! Wir betrachten das landwirtschaftliche System als Ganzes, damit die Teilnehmenden verstehen, in welchem Kontext sich kleinstrukturierte Betriebe bewegen. Anschliessend widmen wir uns Themen der Persönlichkeitsentwicklung: Ich, Wir, Purpose. So kann jede:r Klarheit über die eigenen Werte, die Vision des Projekts und die Zusammenarbeit im Team gewinnen. Zum Schluss beschäftigen wir uns mit Ressourcen, inneren wie äusseren, um die Teilnehmenden bestmöglich auf die Herausforderungen im Gemüsebau vorzubereiten. Im letzten Modul steht die Planung im Mittelpunkt: Anbauplanung und Projektmanagement. 

Diese Kompetenzen sind entscheidend, um ein Projekt erfolgreich umzusetzen, denn der Aufbau einer Mikrofarm erfordert weit mehr als nur gärtnerisches Wissen.


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4. In der Tiny Farms Academy kombinieren wir Theorie und Praxis. Was ist dir besonders wichtig bei der Wissensvermittlung, damit Teilnehmende nachher selbst aktiv werden können?


Für mich war es schon immer so, dass ich etwas selbst tun musste, um es wirklich zu verstehen. Diese Art des Lernens, durch eigenes Ausprobieren und Erleben, spricht mich persönlich sehr an. In der Tiny Farms Academy werden die Teilnehmenden selbst aktiv, nehmen Dinge in die Hand und lernen durch praktische Erfahrung.


5. Wenn du an die Zukunft der Tiny Farms Academy in der Schweiz denkst – was wünschst du dir für das kommende Jahr?


Wenn ich an die Zukunft der Tiny Farms Academy denke, wünsche ich mir, dass sich unser Standort in Teufen weiterentwickelt, wächst und zu einem Lern- und Erfahrungsort rund um das Thema Gemüse wird. Ich freue mich auch sehr über die nächste Lehrgänge und die Menschen kennenzulernen, die diese Reise mit uns anstossen. Und wer weiss - vielleicht können wir ja schon bald die gegründeten Tiny Farms des ersten Jahrgangs besuchen! Einige spannende Kooperationen, zum Beispiel mit dem FiBL, haben wir bereits angestossen und ich wünsche mir, dass im kommenden Jahr noch viele weitere folgen. Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, Institutionen und Market Gardens bereitet mir besonders viel Freude – sie inspiriert, öffnet neue Perspektiven und schafft Raum für weitere Projekte. Das Ziel bleibt dabei dasselbe: den Beruf der Gärtner:in für viele zu einer echten Option machen.


6. Gibt es ein Gemüse, das für dich besonders symbolisch für das steht, was du in Teufen mit-aufbaust?


Gabriel hat 2025 einen Versuch mit Freilandtomaten gestartet, aus der Not heraus, weil wir noch kein Gewächshaus hatten. Wir waren unsicher, ob sie überhaupt gut tragen würden; kaum jemand wagt sonst, Tomaten im Freien anzubauen. Doch sie überraschten uns: Sie trugen unglaublich viele Früchte und waren süsser als alle anderen!

Für mich ist das eine schöne Metapher dafür, wie es ist, ein Projekt zu starten: Am Anfang gibt es immer Unsicherheiten, man glaubt an eine Idee und probiert sie aus – ob sie gelingt, hängt von vielen Faktoren ab: es braucht gute Planung, ein engagiertes Team, ein starkes Netzwerk, Mut, und die Lust, einfach auszuprobieren! Uns ist es 2025 gelungen, dank all dieser Faktoren, erfolgreich das erste Jahr abzuschliessen. Genau das macht die Freude am Projektstart aus – das mutige Voranschreiten!



Fotos: Carla Ulrich / Nils Böddingmeier


 
 
 

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